Wenn es ums Gehalt geht
Gehaltsverhandlungen
Viele ArbeitnehmerInnen leisten Hervorragendes: Sie übernehmen zusätzliche Verantwortung, springen ein, wenn Kollegen ausfallen, machen Überstunden, bringen kreative Ideen ein – und bekommen dafür regelmäßig ein anerkennendes Lächeln oder ein nettes Wort vom Chef:
„Ohne dich würde das nicht laufen.“ – „Du bist Gold wert.“
Doch sobald das Gespräch auf das Gehalt gelenkt wird, kippt die Stimmung:
„Ich würde dir wirklich gerne mehr zahlen, aber …“
Einmal ist es das Budget, dann „die Lage am Markt“, dann heißt es „Der Vorstand blockt“ oder „Dafür ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt“.
Das führt bei vielen zu Frustration – und zum Zweifel am eigenen Wert. Doch: Du hast ein Recht auf faire Bezahlung. Und du kannst lernen, dafür sachlich, strategisch und selbstbewusst einzutreten.
🧭 Warum viele trotz Lob keine Gehaltserhöhung bekommen
Viele Führungskräfte nutzen Lob gezielt, um Mitarbeitende bei Laune zu halten – ohne ihnen materielle Anerkennung zukommen zu lassen. Dahinter steckt nicht immer Böswilligkeit, aber häufig Strategie:
Wer gelobt wird, fühlt sich gesehen – und bringt oft freiwillig mehr Leistung, ohne dass das Gehalt steigen muss.
Wichtig ist daher:
Lob ist schön, aber kein Ersatz für konkrete Anerkennung.
Du kannst und solltest beides einfordern: Wertschätzung und faire Vergütung.
🧰 Schritt 1: Gute Vorbereitung ist das A und O
📌 1.1 Deine Leistung schriftlich festhalten
Erstelle eine Liste deiner konkreten Beiträge der letzten Monate:
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Welche Projekte hast du erfolgreich abgeschlossen?
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Welche Verantwortung hast du zusätzlich übernommen?
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Welche Probleme hast du eigenständig gelöst?
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Wie trägst du zur Zielerreichung des Unternehmens bei?
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Gab es messbare Erfolge (Umsatzsteigerung, Effizienz, Kundenzufriedenheit)?
📋 Tipp: Halte wöchentlich in einem kurzen Leistungsjournal fest, was du tust – das hilft dir später bei der Argumentation enorm.
📌 1.2 Deinen Marktwert recherchieren
Nutze Gehaltsvergleiche auf seriösen Plattformen wie:
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Gehalt.de
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StepStone Gehaltsreport
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Kununu oder Glassdoor
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Berufsverbände oder Xing/LinkedIn-Vergleiche
Berücksichtige dabei:
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Branche
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Standort
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Unternehmensgröße
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Berufserfahrung
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Spezialisierungen
📊 Tipp: Notiere dir eine realistische Gehaltsspanne (z. B. 52.000–58.000 €/Jahr) und plane deine Verhandlungsstrategie entlang dieser Range.
📌 1.3 Klare Ziele setzen
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Welche Gehaltserhöhung ist für dich angemessen?
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Was ist dein Wunschbetrag – und was dein Mindestziel?
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Wäre auch eine Kombination mit anderen Leistungen denkbar (z. B. mehr Urlaub, Weiterbildung, Bonus)?
🗣️ Schritt 2: Das Gespräch führen – mit Klarheit und Respekt
✅ 2.1 Den richtigen Moment wählen
Vermeide spontane Konfrontationen. Plane einen festen Gesprächstermin, z. B.:
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Nach einem erfolgreich abgeschlossenen Projekt
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Im Rahmen eines Jahresgesprächs
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Wenn neue Verantwortlichkeiten übernommen wurden
🕒 Tipp: Reiche vorher eine Agenda ein: „Ich würde gern meine Entwicklung und meine Vergütung besprechen.“
✅ 2.2 Der Einstieg – Wertschätzung zeigen
Beginne positiv, etwa so:
„Ich freue mich über unsere Zusammenarbeit und weiß das Vertrauen, das Sie mir entgegenbringen, sehr zu schätzen.“
Das zeigt, dass du das Gespräch professionell führst – nicht als Kritik, sondern als Weiterentwicklung.
✅ 2.3 Die Argumentation – sachlich, konkret, nachvollziehbar
Strukturiere deine Argumente logisch:
🧾 Beispielhafte Struktur:
„Im vergangenen Jahr habe ich …
– drei Großprojekte geleitet,
– zusätzlich die Urlaubsvertretung im Team übernommen,
– unsere Kundenbindungsrate um X % verbessert
– und aktiv zur Prozessoptimierung beigetragen.“
„Auf Basis meiner gestiegenen Verantwortung, meiner Leistungen und meines Marktwerts halte ich eine Gehaltsanpassung von XY Euro/Jahr bzw. X % für angemessen.“
✅ 2.4 Mit konkreten Forderungen arbeiten
Sag nicht:
❌ „Ich hätte gern ein bisschen mehr Gehalt.“
Sondern:
✅ „Ich strebe eine Gehaltserhöhung auf 56.000 € brutto jährlich an – das entspricht etwa X % mehr und liegt im Rahmen vergleichbarer Positionen in unserer Branche.“
🎯 Tipp: Setze deinen Einstieg knapp über dem Wunschziel, damit du Verhandlungsspielraum hast.
🤔 Schritt 3: Wenn der Chef ausweicht – was dann?
Viele Führungskräfte sagen reflexhaft:
„Ich würde ja gerne, aber ...“
Hier ist es wichtig, nicht klein beizugeben, sondern den Ball zurückzuspielen – sachlich und bestimmt.
❓ Typische Einwände – und clevere Reaktionen:
„Das Budget gibt das momentan nicht her.“
➡️ „Verstehe ich. Wann wird das Budget neu geplant? Wäre es möglich, eine Gehaltserhöhung verbindlich für den Zeitpunkt X zu vereinbaren?“
„Das muss ich mit dem Vorstand klären.“
➡️ „Gerne. Bis wann kann ich mit einer Rückmeldung rechnen?“
„Dafür ist gerade nicht der richtige Zeitpunkt.“
➡️ „Was wäre denn ein geeigneter Zeitpunkt? Und was müsste ich bis dahin zusätzlich leisten, um das zu ermöglichen?“
„Du bekommst ja schon viel mehr als andere.“
➡️ „Mir ist wichtig, dass mein Gehalt meiner konkreten Leistung entspricht – unabhängig vom Vergleich mit anderen Positionen.“
🧠 Tipp: Lass dich nie mit einem allgemeinen „Vielleicht später“ abspeisen – verlange Verbindlichkeit und schriftliche Zielvereinbarungen.
🧱 Dein stärkstes Fundament: Dein Selbstwert
Viele Menschen zögern, nach mehr Gehalt zu fragen – aus Angst, undankbar zu wirken oder sich unbeliebt zu machen. Doch genau hier ist innere Stärke gefragt:
💪 Stell dir bewusst folgende Fragen:
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Welche Fähigkeiten bringe ich mit, die das Unternehmen wirklich braucht?
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Welche Herausforderungen habe ich erfolgreich gemeistert?
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Wie hoch wäre der Aufwand, mich zu ersetzen?
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Was würde ich mir selbst zahlen – mit objektivem Blick?
👉 Dein Selbstwertgefühl ist dein stärkster Verhandlungspartner.
Wenn du deinen eigenen Wert nicht erkennst, wird es auch kein anderer tun.
Erinnere dich: Gehalt ist keine Gunst – es ist ein fairer Ausgleich für deine Leistung.
🧾 Checkliste für deine nächste Gehaltsverhandlung
✅ Leistungsnachweise gesammelt
✅ Marktwert recherchiert
✅ Konkretes Ziel formuliert
✅ Verhandlungszeitpunkt geplant
✅ Reaktionen und Einwände vorbereitet
✅ Selbstsicherheit gestärkt
🏁 Du verhandelst nicht dein Glück – sondern deine Leistung
Eine erfolgreiche Gehaltsverhandlung beginnt lange vor dem Gespräch – in deiner inneren Haltung, deiner Vorbereitung und deiner Klarheit.
Lass dich nicht mit Lob abspeisen. Fordere das ein, was du verdienst – mit Fakten, Respekt und Überzeugungskraft.
Und wenn du feststellst, dass es trotz allem keine Bereitschaft zu fairer Bezahlung gibt, dann darfst du auch prüfen:
Passt dieser Arbeitgeber (noch) zu meinem Wert?
Denn:
Gute Arbeit verdient gute Bezahlung – nicht nur schöne Worte.
✅ Alternativen zur Gehaltserhöhung
Einmaliger Bonus / Prämie
👉 Steuerlich oft günstiger als eine Gehaltserhöhung und direkt an besondere Leistungen gekoppelt.
Mehr Urlaubstage
👉 Zusätzliche freie Tage pro Jahr als Ausgleich für Mehrbelastung oder besondere Verantwortung.
Flexible Arbeitszeiten / Gleitzeit
👉 Besserer Ausgleich von Berufs- und Privatleben durch eigenverantwortliche Zeitgestaltung.
Mobiles Arbeiten / Homeoffice-Tage
👉 Spart Zeit und Fahrtkosten – gleichzeitig steigert es oft die Produktivität und Zufriedenheit.
Weiterbildungskosten übernehmen
👉 Finanzierung von Kursen, Zertifikaten oder Studiengängen – bringt dir langfristig mehr Know-how und Marktwert.
Jobticket / Fahrtkostenzuschuss
👉 Entlastet finanziell, besonders bei täglichem Pendelverkehr.
Diensthandy / Laptop auch privat nutzbar
👉 Praktisch, steuerlich begünstigt, erhöht den persönlichen Nutzen.
Essenszuschuss / Restaurantgutscheine
👉 Monatliche Zuschüsse zum Mittagessen.
Beteiligung am Unternehmenserfolg
👉 z. B. in Form von Gewinnbeteiligungen, Mitarbeiteraktien oder variablen Bonusmodellen.
Verkürzte Arbeitszeit bei gleichem Gehalt
👉 Eine 4-Tage-Woche oder weniger Wochenstunden bei gleichbleibendem Einkommen erhöht Lebensqualität.
Bessere Altersvorsorge / Betriebliche Zusatzleistungen
👉 z. B. Arbeitgeberzuschüsse zur Altersvorsorge, Berufsunfähigkeitsversicherung oder Gesundheitsleistungen.
Firmenwagen (auch zur privaten Nutzung)
👉 Besonders relevant für Außendienst oder Führungskräfte – kann Gehaltsvorteil bieten.
Karriereperspektiven / Beförderung
👉 Ein konkreter Entwicklungsplan mit Aufstiegsperspektive und mittelfristiger Gehaltssteigerung.
Diese Alternativen können gezielt in einer Verhandlung angesprochen werden, besonders wenn der Arbeitgeber signalisiert, dass eine direkte Erhöhung derzeit nicht möglich ist.